Im Zuge der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die ein umfassendes Update der Non Financial Reporting Directive (NFRD) darstellt, sollen von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) eigene europäische Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) geschaffen werden, um die in einem Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichten Informationen verständlich, relevant, vergleichbar und auch überprüfbar zu machen. Die eigenen Standards müssen für Unternehmen, die bereits unter den Anwendungsbereich der NFRD fallen, ab dem 1. Jänner 2024 und für alle anderen großen Unternehmen ab dem 1. Jänner 2025 für die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichtes verwendet werden.
Die EFRAG Project Task Force on European Sustainability Reporting Standards (EFRAG PTF-ESRS) startete mit der Ausarbeitung der europäischen Standards im Frühjahr 2021, wobei bereits bestehende Rahmenwerke und etablierte Initiativen wie beispielsweise die der Global Reporting Initiative (GRI) und des International Sustainability Standards Board (ISSB) berücksichtigt werden sollen.
TPA Tipp: Kennen Sie schon unseren Nachhaltigkeitsbericht? Dieser wurde anhand der Leistungsindikatoren aus den Sustainability Standards der GRI erstellt.
Seit Beginn 2022 veröffentlichte die EFRAG PTF-ESRS diverse Working Papers, um einen Einblick in die vorgesehenen Inhalte und auf die geplante Struktur der Standards zu geben. Am 29. April 2022 wurden die ersten ESRS-Konsultationsentwürfe veröffentlicht und der öffentliche Konsultationsprozess eingeleitet, der am 8. August 2022 endet.
Überblick European Sustainability Reporting Standards
Der Entwurf der CSRD sieht eine Nachhaltigkeitsberichterstattung nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit vor, bei dem die Risiken für das Unternehmen sowie dessen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsaspekte jeweils einen eigenen Wesentlichkeitsaspekt darstellen. Demnach müssen Unternehmen nicht nur die Wirkung von Nachhaltigkeitsaspekten auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens festhalten (Outside-in-Perspektive), sondern zusätzlich auch die Auswirkungen des Unternehmens und dessen wirtschaftliche Tätigkeit auf Menschen und Umwelt verdeutlichen (Inside-out-Perspektive).
Auch die ESRS folgen dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit und sollen zur Standardisierung und Verbesserung der Vergleichbarkeit der veröffentlichten Unternehmensdaten beitragen. Der CSRD-Entwurf sieht bezüglich der ESRS bereits allgemeine Angaben zu Umwelt-, Sozial und Governance-Faktoren vor, wobei die zu veröffentlichenden Informationen zukunftsgerichtete und retrospektive sowie qualitative und quantitative Angaben enthalten sollen. Durch die ESRS-Entwürfe, die Gegenstand der Konsultation sind, werden diese allgemeinen Angaben weiter konkretisiert und in 13 Standards unterteilt, wovon zwei generelle Prinzipien und Angaben (sog. Cross-Cutting Standards) betreffen und die restlichen elf spezifische Themen des ESG, also Environment, Social und Governance behandeln.
Cross-Cutting Standards
ESRS 1: General priciples:
Der Standard schreibt die verbindlich anwendbaren Konzepte und Grundsätze für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten vor und deckt die allgemeinen Grundsätze für:
- die Berichterstattung nach den ESRS
- die Anwendung von CSRD-Konzepten
- die Offenlegung von Politiken, Zielen, Maßnahmen und Aktionspläne sowie Ressourcen
- die Erstellung und Darstellung von Nachhaltigkeitsinformationen
- die Verbindung der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit anderen Teilen der Unternehmensberichterstattung
- die Struktur der Nachhaltigkeitserklärungen, auf der alle ESRS aufbauen
ESRS 2: General, strategy, governance and materiality assessment disclosure requirements
Der Standard behandelt die Anforderungen an themenübergreifende Nachhaltigkeitsinformationen,
- die allgemeiner Natur sind,
- die Strategie und das Geschäftsmodell des Unternehmens,
- die Unternehmensführung in Bezug auf Nachhaltigkeit und
- die Bewertung der Wesentlichkeit von Nachhaltigkeitsauswirkungen, -risiken und -chancen betreffen.
Environment
ESRS E1: Climate change
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf den Klimawandel und dessen bisherigen, aktuellen und künftigen Bemühungen zur Zielerreichung des Pariser Klimaabkommens und der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C.
ESRS E2: Pollution
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden, lebenden Organismen und Nahrungsmitteln und dessen Maßnahmen, um Umweltverschmutzung zu verhindern, abzumildern oder zu beseitigen.
ESRS E3: Water and marine resources
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf die Wasser- und Meeresressourcen und dessen Maßnahmen zum Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, auch in Bezug auf die Verringerung der Wasserentnahmen, des Wasserverbrauchs, der Wassernutzung sowie der Wassereinleitungen in Gewässer und in die Ozeane.
ESRS E4: Biodiversity and ecosystems
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf die biologische Vielfalt und die Ökosysteme und dessen Maßnahmen, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen zu verhindern, abzumildern oder zu beheben und die biologische Vielfalt und die Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen.
ESRS E5: Resource use and circular economy
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf die Ressourcennutzung, einschließlich der Erschöpfung nicht erneuerbarer Ressourcen und der Regeneration erneuerbarer Ressourcen und dessen Maßnahmen, um tatsächliche oder potenzielle nachteilige Auswirkungen der Ressourcennutzung und der Kreislaufwirtschaft zu verhindern, abzumildern oder zu beheben, einschließlich Maßnahmen zur Entkopplung des Wachstums von der Entnahme natürlicher Ressourcen.
Social
ESRS S1: Own workforce
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf die eigene Belegschaft und dessen Maßnahmen, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und sonstige arbeitsbezogene Rechte zu verhindern, abzumildern oder zu beheben.
ESRS S2: Workers in the value chain
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf die Belegschaft in der Wertschöpfungskette (sowohl durch eigene Tätigkeiten als auch durch vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsketten) und dessen Maßnahmen, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen und Abhängigkeiten von Arbeitnehmer:innen in der Wertschöpfungskette zu verhindern, abzumildern oder zu beheben.
ESRS S3: Affected communities
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf lokale Gemeinschaften in der Wertschöpfungskette und dessen Maßnahmen, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen, insbesondere auf die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen und politischen Rechte von lokalen Gemeinschaften zu verhindern, abzumildern oder zu beheben.
ESRS S4: Consumers and end-users
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Auswirkungen des Unternehmens auf die Verbraucher und Endnutzer der Produkte und/oder Dienstleistungen und dessen Maßnahmen, um tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen zu verhindern, abzumildern oder zu beheben, wobei insbesondere auf informationsbezogene Auswirkungen, die persönliche Sicherheit und die soziale Eingliederung von Verbrauchern bzw. Endnutzer eingegangen werden muss.
Governance
ESRS G1: Governance, risk management and internal control
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit Governance-Faktoren, einschließlich
- der Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens in Bezug auf Nachhaltigkeitsfragen und ihrer Zusammensetzung sowie einer Beschreibung der angewandten Diversitätspolitik und ihrer Umsetzung sowie
- der internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme des Unternehmens, auch im Hinblick auf die Berichterstattung des Unternehmens.
ESRS G2: Business conduct
Der Standard behandelt die Anforderungen an Nachhaltigkeitsinformationen im Zusammenhang mit der Strategie, dem Ansatz, den Prozessen und Verfahren sowie der Leistung des Unternehmens in Bezug auf das Geschäftsgebaren, wobei insbesondere Angaben zur Geschäftsethik und Unternehmenskultur, einschließlich der Bekämpfung von Korruption und Bestechung zu tätigen sind.
Ausblick
Am 21. Juni 2022 wurde vom Rat der Europäischen Union verkündet, dass eine vorläufige politische Einigung über die CSRD erzielt wurde. Die finale Fassung der Richtlinie wird in den kommenden Wochen formell verabschiedet und soll ab 1.1.2024 für Unternehmen, die bereits unter den Anwendungsbereich des NFRD fallen und ab 1.1.2025 für alle großen Unternehmen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstellung anzuwenden sein. Der Aufbau der Standards orientiert sich grundsätzlich an den Inhalten der CSRD, weshalb die Veröffentlichung der finalen Fassung mit Spannung erwartet wird.
Zusätzlich zu den bereits ausgearbeiteten Standards sollen zukünftig noch branchenspezifische Standards folgen, welche die Anforderungen zu Nachhaltigkeitsinformationen für alle Unternehmen bestimmter Branchen behandeln. Ein diesbezüglicher Konsultationsprozess wird voraussichtlich im Jahr 2023 erfolgen.
Inwiefern sich die ESRS im Hinblick auf ihre allgemeinen Grundsätze und klimabezogenen Angabepflichten aufgrund der Konsultation noch ändern werden und dadurch mit Anforderungen anderer Standardsetzer kompatibel sind, bleibt jedenfalls noch abzuwarten.
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