Umsatzsteuer: 2025 im Rückblick – mehr Klarheit trotz Gegenwind

Umsatzsteuer: 2025 im Rückblick – mehr Klarheit trotz Gegenwind

Umsatzsteuer: 2025 im Rückblick – mehr Klarheit trotz Gegenwind

Steuerschuld kraft Rechnung nur an Unternehmer und nicht für Rechnungen an Private

Entscheidung: EuGH 01.08.2025, P GmbH, C-794/23.
Normen: Art 203 MwStSyst-RL; § 11 Abs 12 UStG.

Wurden Rechnungen mit Umsatzsteuer falsch ausgestellt, weil man diese gar nicht schuldet, dann hat man in der Vergangenheit diese Umsatzsteuerbeträge geschuldet, bis die Rechnung berichtigt wurde. Aufgrund von EuGH-Entscheidungen tritt diese Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung nur mehr für Rechnungen an Unternehmer ein. Für Rechnungen an Private kann in der Zukunft keine Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung eintreten. Im Zweifel darf sogar die Aufteilung geschätzt werden.

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Unwissentliche Ausfuhr

Entscheidung: EuGH 01.08.2025, W. sp. z o.o., C-602/24.
Normen: Art 146 Abs 1 lit b MwStSyst-RL; § 7 Abs 1 Z 2 UStG.

Eine ursprünglich vom Lieferer als innergemeinschaftliche Lieferung angemeldete Lieferung von Gegenständen, die der Erwerber ohne dessen Wissen ins Drittland befördert hat, stellt eine echt umsatzsteuerbefreite Lieferung dar, wenn die gesetzlichen Kriterien dafür erfüllt sind: Wenn der Käufer das Recht erhält, wie ein Eigentümer über die Ware zu verfügen, der Lieferant nachweisen kann, dass die Ware aus der EU versandt oder befördert wurde, und die Ware tatsächlich das Gebiet der EU verlassen hat. Entscheidend ist allein, dass die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, was für die Praxis sehr vorteilhaft ist.

Bearbeitungsentgelt für Mehrwertsteuererstattung im Touristenexport ist steuerpflichtig

Entscheidung: EuGH 01.08.2025, Határ Diszkont Kft, C-427/23.
Normen: Art 1 Abs 2, Art 2 Abs 1 lit c, Art 78, Art 135 Abs 1 lit d und Art 146 Abs 1 lit e MwStSyst-RL; §§ 4, 6 Abs 1 Z 3 lit a sublit bb UStG.

Die Bearbeitung der Mehrwertsteuererstattung ist eine eigene Dienstleistung und sie keine steuerfreie Nebenleistung zur Ausfuhr. Sie ist umsatzsteuerpflichtig, weil sie nicht direkt zur Durchführung der Ausfuhr beiträgt und erst nach der Ausfuhr erfolgt.

Differenzbesteuerung: Erwerb vom Urheber oder Rechtsnachfolger

Entscheidung: EuGH 01.08.2025, Galerie Karsten Greve, C-433/24.
Normen: Art 316 Abs 1 lit b MwStSyst-RL; § 24 UStG.

Wiederverkäufer können die Differenzbesteuerung bei der Lieferung von Kunstgegenständen, die ihnen vom Urheber oder von dessen Rechtsnachfolgern geliefert wurden, optional in Anspruch nehmen. Die Lieferung von Kunstgegenständen durch steuerpflichtige Wiederverkäufer, die diesen vom Urheber oder von dessen Rechtsnachfolgern geliefert wurden, können die Differenzbesteuerung in Anspruch nehmen, sofern erstens die Lieferung durch die juristische Person dem Urheber oder dessen Rechtsnachfolgern zuzurechnen ist – was der Fall ist, wenn der Urheber oder die Rechtsnachfolger diese juristische Person zum Zweck der Vermarktung der vom Urheber geschaffenen Kunstgegenstände gegründet hat bzw haben -, und zweitens die Lieferung der Kunstgegenstände an den steuerpflichtigen Wiederverkäufer deren erstmalige Einführung in den Markt der Europäischen Union darstellt.

Da das spezifische Ziel dieser Bestimmung darin besteht, die Einführung neuer Kunstgegenstände in den Unionsmarkt zu fördern, ist diese Auslegung auf derartige Lieferungen zu beschränken, bei denen es sich tatsächlich um die erstmalige Einführung eines Kunstgegenstands in den Unionsmarkt handelt, sodass es keine Anhaltspunkte für eine frühere umsatzsteuerpflichtige Lieferung dieses Kunstgegenstands geben darf, die eine solche erstmalige Einführung darstellen würde.

Darüber hinaus hat die Differenzbesteuerung in besonderen Fällen bereits seit 01.01.2025 (AbgÄG 2024, BGBl I 2024/113) eine Einschränkung erfahren: Gemäß § 24 Abs 2 UStG kann sie nicht in Anspruch genommen werden, sofern bei der Lieferung an ihn oder bei der Einfuhr durch ihn ein ermäßigter Steuersatz (wohl aber der Normalsteuersatz) angewandt wurde.

Kostenloser Rechtsbeistand – Honorar von Gegenpartei

Entscheidung: EuGH 23. 10. 2025, Zlakov, C-744/23.
Normen: Art 2 Abs 1 lit c MwStSyst-RL; § 1 UStG.

Die Vertretung einer Partei vor Gericht durch einen Rechtsanwalt ist eine Dienstleistung gegen Entgelt, selbst wenn diese Dienstleistung „kostenlos“ erbracht wird, aber die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorsehen, dass die Gegenpartei, wenn sie zur Tragung der Kosten verurteilt wird, auch dazu verurteilt wird, diesem Rechtsanwalt ein Honorar zu zahlen, dessen Höhe durch diese Rechtsvorschriften geregelt wird. Auch wenn die Zahlung vom Ausgang des Prozesses abhängt und daher unsicher ist, stellt das Honorar die tatsächliche Gegenleistung für die anwaltliche Vertretung vor Gericht dar. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung fehlt nur, wenn die Vergütung völlig freiwillig und vom Zufall abhängig ist, wie etwa bei einem Straßenmusikanten, dessen Einnahmen nicht bestimmbar sind.

Factoring und „Einziehung von Forderungen“

Entscheidung: EuGH 23. 10. 2025, Kosmiro, C-232/24.
Normen: Art 135 Abs 1 lit b und d MwStSyst-RL; § 6 Abs 1 Z 8 lit c UStG.

Beim Factoring sind sowohl durch Forderungsverkauf als auch durch Verpfändung, die vom Kunden gezahlte Finanzierungsprovision und die Einrichtungsgebühr als Gegenleistung für eine einheitliche und steuerpflichtige Leistung der „Einziehung von Forderungen“ anzusehen. Diese Gebühren sind nicht als steuerfreie Kreditgewährung zu beurteilen, sondern fallen unter die Umsatzsteuerpflicht.

Künstliche Aufspaltung einer einheitlichen Leistung – hier „Formen“ für innergemeinschaftliche Lieferungen

Entscheidung: EuGH 23.10.2025, Brose Prievidza, spol. s r. o., C-234/24.
Normen: Art 4 lit b RL 2008/9/EG; § 21 Abs 9 UStG.

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, ob die getrennte Verrechnung für Formen (Werkzeugen) für die (Spezial)Produktion für Waren, die innergemeinschaftlich geliefert oder exportiert werden, eine eigenständige Leistung darstellen. Im konkreten Fall wurde die Erstattung der Mehrwertsteuer für (getrennte) Lieferung eines Werkzeuges für zulässig erachtet, weil der Vorsteuerabzug nicht verweigert werden darf, nur weil das Gerät das Gebiet des Liefermitgliedstaats nicht verlassen hat, es sei denn, die Lieferung ist Teil einer einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Leistung oder einer Nebenleistung zu einer Hauptleistung. Hier wurde für den Vorsteuerabzug die Zulässigkeit der Trennung dieser Lieferung für zulässig erklärt. Für eine endgültige Klärung dieser Frage wird es wohl noch eine EuGH-Entscheidung bedürfen.

BMF: Bauleistungen und Reverse Charge

Anfrage an das BMF: Handelt es sich bei der an die Hauseigentümer verrechneten Gebühr für die Herstellung eines Hausanschlusses iZm dem Glasfaserbau um eine Bauleistung iSd § 19 Abs 1a UstG?

Bejahendenfalls, ist der Open Access Provider (OAP) ein Unternehmer iSd § 19 Abs. 1a UstG?

Anfragebeantwortung:

Der Zugang zu kabelgebundenem Breitbandinternet wird zunehmend durch den Ausbau von Glasfasernetzen durch OAP sichergestellt, deren Geschäftsmodell darin besteht, dass diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Glasfasernetze errichten und interessierte Hauseigentümer durch „Hausanschlüsse“ an dieses Netz angebunden werden. Für die Herstellung der Hausanschlüsse verrechnet der OAP an den jeweiligen Hauseigentümer im eigenen Namen eine in der Regel nicht kostendeckende pauschale (Haus-)Anschlussgebühr. Der OAP erbringt in der Folge jedoch keine (Telekommunikations-)Dienstleistungen an die Hauseigentümer, sondern gewährt verschiedenen Internet-Service-Providern entgeltlich Zugang zum Glasfasernetz („Netzvermietung“).

Das BMF hielt dazu fest, dass nur im Einzelfall beurteilt werden könne, ob der OAP eine Bauleistung an den Hauseigentümer erbringt, da es für die Beurteilung einer Bauleistung entscheidend sei (nach Rz 2602d UStR), welchen Umfang die Arbeiten im konkreten Einzelfall haben. Eine allgemeine Beurteilung kann demnach aufgrund eines allgemein geschilderten Sachverhalts nicht getroffen werden.

Bei dem Geschäftsmodell eines OAPs geht das BMF davon aus, dass es nicht zum Übergang der Steuerschuld gemäß § 19 Abs 1a UStG kommt, da nach der Verwaltungspraxis die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 19 Abs 1a UStG nicht vorliegen.

Krypto Mining

Entscheidung: BFG 20.5.2025, RV/5100186/2024; Parteienrevision anhängig.

Krypto Mining in Form des „Pool Minings“ ist aus Sicht des BFG mangels identifizierbarem Leistungsempfängers nicht steuerbar. Damit verbunden geht auch ein Vorsteuerausschluss einher.

Photovoltaikanlagen

Entscheidung: BFG 30.6.2025, RV/7103143/2022

Eine private Photovoltaikanlage mit einer Leistung unter 12 kW berechtigt zum Vorsteuerabzug, wenn mindestens die Hälfte des erzeugten Stroms in das öffentliche Netz eingespeist wird. Mit dem BSMG 2025 wurde die bisherige Umsatzsteuerbefreiung für kleine PV-Anlagen zum 01.04.2025 aufgehoben. Seit diesem Zeitpunkt unterliegen Neulieferungen dem regulären Umsatzsteuersatz von 20 %.

Die 50 %-Grenze ist in der Praxis entscheidend: Wird mindestens die Hälfte des Stroms eingespeist, kann die Anlage mit Umsatzsteuer erworben und der Vorsteuerabzug genutzt werden; im Gegenzug ist die Einspeisung umsatzsteuerpflichtig. Liegt die Einspeisung unterhalb dieser Grenze, bleibt der Betreiber in der Regel Nichtunternehmer: ohne Vorsteuerabzug, aber auch ohne Umsatzbesteuerung.

Differenzbesteuerung (Upcycling)

Entscheidung: BFG 03.07.2025, RV/5100677/2021; vgl auch dt. BFH 11.12.2024, XI R 9/23.
Norm: § 24 UStG

Die Anwendung der Differenzbesteuerung setzt voraus, dass derselbe Gegenstand weiterveräußert wird. Werden an einem angekauften Gebrauchtgegenstand aber über bloße Instandsetzungen hinausgehende Umbauten vorgenommen, ist die Differenzbesteuerung unzulässig und der Verkauf des „upgecycleten“ Gegenstands unterliegt vollständig der Umsatzsteuer. Der Verkauf eines Gegenstandes, der aus gebrauchten (ohne Vorsteuerabzug) und neu angeschafften Teilen (mit Vorsteuerabzug) zusammengebaut wurde, ist zur Gänze umsatzsteuerpflichtig.

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