12. Dezember 2019
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Sofortige Verwertung von start-up Verlusten durch Höchstgericht bestätigt- Wartetastenregelung
Wartetastenregelung: Start-up Verluste sind sofort verwertbar
Verluste in der Entwicklungsphase (Start-up Verluste) unterliegen nicht der Wartetastenregelung und sind auch bei Einzelunternehmern sofort verwertbar.
Sachverhalt: Arzt macht Verluste aus Entwicklungstätigkeit steuerlich geltend
Ein Arzt entwickelte einen völlig neuartigen, patentrechtlich geschützten Elektrokardiografen. Ein Prototyp dieses Gerätes sowie sechs weitere Vorführgeräte waren bereits in Krankenhäusern und Ärztezentren probeweise im Einsatz. Nach Entwicklung des Prototyps wurde das Know-how in eine GmbH übertragen, der Arzt erhält dafür von der GmbH eine laufende Lizenzgebühr.
Der Arzt erzielte mit dieser Forscher- und Erfindertätigkeit während der Entwicklungsphase naturgemäß Verluste. Diese Verluste (aus Gewerbebetrieb) wollte er bei der Einkommensteuer mit den Gewinnen aus seiner Ordination verrechnen und so Steuern sparen.
Finanzamt beurteilt Entwicklungstätigkeit als „Verwaltungstätigkeit“ und versagt Verlustverrechnung
Das Finanzamt meinte, dass der Unternehmensschwerpunkt der Forschungstätigkeit im „Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter“ bestanden habe. Für solche Verwaltungstätigkeit sieht das Gesetz ein Verbot der Verrechnung von Verlusten mit Gewinnen aus anderen Einkunftsquellen vor. Folglich seien die durch die Entwicklung, Patentierung und Herstellung des Elektrokardiografen entstandenen Verluste nicht mit den Gewinnen aus der ärztlichen Tätigkeit (Einkünfte aus selbständiger Arbeit), sondern erst mit späteren Gewinnen aus der Verwertung der Entwicklung ausgleichbar (sogenannte. „Wartetaste“).
Das BFG anerkennt aktive betriebliche Tätigkeit des Entwicklers, der VwGH bestätigt die Rechtsansicht des BFG – volle Verlustverrechnung möglich
Das Bundesfinanzgericht – BFG teilte die Ansicht des Finanzamtes nicht und gab der Beschwerde des Arztes statt. Das Finanzamt erhob Revision mit der Begründung, dass der Arzt den Vertrieb seiner Erfindung einer von ihm beherrschten GmbH überlassen habe, sodass lediglich Einkünfte aus der Lizenzvergabe erzielt werden, was ein Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter darstelle.
Der Verwaltungsgerichtshof – VwGH wies die Revision des Finanzamtes als unbegründet ab (Ra 2018/15/0085 vom 3. September 2019).
Wichtige Ergebnisse für die Praxis
Aus dem Urteil sind für die Praxis einige erfreuliche Schlussfolgerungen zu ziehen:
- Die Entwicklungstätigkeit ist auch bei späterer Lizenzierung der Erfindung kein Verwalten eines unkörperlichen Wirtschaftsgutes:
Das Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter umfasst die auf Gewinn gerichtete Fruchtziehung aus (bestehenden) unkörperlichen Wirtschaftsgütern, zB die Verwaltung von Beteiligungen oder Urheberrechten. Die Tätigkeit eines Erfinders oder Produktentwicklers ist nicht auf das „Verwalten“ von Wirtschaftsgütern beschränkt. Die Tätigkeit eines Erfinders zielt primär auf die Entwicklung eines neuen Produktes ab, das bestehende Produkte ersetzen oder eine Ergänzung dazu darstellen soll. Der eigenschöpferisch tätige Erfinder verwaltet nicht Wissen, sondern erzeugt neues Wissen. Verluste aus einer solchen Erfindertätigkeit können uneingeschränkt mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen verrechnet werden. - Verluste aus der Entwicklungstätigkeit sind auch bei späterer Verwertung durch eine GmbH abzugsfähig: Die Übertragung der Entwicklungsergebnisse an eine GmbH gegen Zahlung einer laufenden Lizenzgebühr führt nach Ansicht des Höchstgerichts nicht dazu, dass die Verluste aus der Entwicklungstätigkeit nicht verwertet werden könnten. Das Verlustausgleichsverbot soll nur die Schaffung eines betrieblichen Rahmens zur steuerlichen Verwertung von Verlusten, welche in der Privatsphäre unbeachtlich wären, verhindern.
- Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot gilt auch für Einzelunternehmen: Die Einschränkungen der Verlustverwertung zielen zwar auf Verlustzuweisungsgesellschaften ab. Entscheidend ist aber nach Ansicht des VwGH lediglich, ob ein Betrieb im Sinne des EStG vorliegt, in welcher Rechtsform der Betrieb geführt wird, ist nicht relevant.
Fazit
Österreichische betriebliche Erfinder können die in der Entwicklungsphase entstehenden Verluste ohne Beschränkungen mit anderen Einkünften verrechnen. Die sogenannte „Wartetastenregelung“ greift nicht, auch wenn die Entwicklung später etwa an eine GmbH übertragen und von dieser verwertet wird.