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Das neue Wertminderungsmodell nach IFRS 9

Das neue Wertminderungsmodell nach IFRS 9

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Das neue Wertminderungsmodell nach IFRS 9

Seit Jahresbeginn ersetzt IFRS 9 die bisherigen Bestimmungen von IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz, Bewertung und Bilanzierung von Finanzinstrumenten sind neu geregelt. Von der Neuerung betroffen sind alle Unternehmen, die Finanzinstrumente nutzen. Über das neue Wertminderungsmodell nach IFRS 9 informieren wir Sie hier.

Der bisher gültige komplexe Standard IFRS 39 wird durch einen neuen Standard ersetzt: es geht um die Regelungen zur Klassifizierung und Bewertung finanzieller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten.

IFRS 9 Finanzinstrumente ist für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1.1.2018 beginnen. Durch IFRS 9 tritt ein neues Wertminderungsmodell in Kraft: das „Incurred Loss“-Wertminderungsmodell des IAS 39 (Wertberichtigung nur bei bereits eingetretenen Wertminderungen) wird durch das „Expected Credit Loss“-Wertminderungsmodell (Wertberichtigung für erwartete Kreditverluste) ersetzt.

Die Ursache für die Änderung des Wertminderungsmodells liegt in der Subprime- und anschließenden Finanzmarktkrise, in der die stichtagsbezogene Bilanzierung nach dem ausschließlich retrospektiven Incurred Loss Modell heftig kritisiert wurde. Insbesondere die prozyklische Mechanik des Incurred Loss Modells führt in konjunkturellen Hochphasen zu eher geringeren Wertminderungen und damit höheren Gewinnen. In Abschwüngen verursacht sie hingegen anfänglich geringe, in der Folge jedoch massive Abschreibungen. Der Methodenwechsel führt zu einer frühzeitigeren und sachgerechteren, idR jedoch auch höheren Erfassung der Risikovorsorge.

1. Anwendungsbereich IFRS 9

In den Anwendungsbereich des neuen Wertminderungsmodells fallen finanzielle Vermögenswerte, die zu fortgeführten Anschaffungskosten (amortised costs = AC-Kategorie) bewertet werden, finanzielle Vermögenswerte, deren Änderungen des beizulegenden Zeitwerts im sonstigen Ergebnis erfasst werden (fair value through other comprehensive income = FVTOCI-Kategorie), Leasingforderungen, Vertragsvermögenswerten, Kreditzusagen und Finanzgarantien. Für erworbene oder ausgegebene finanzielle Vermögenswerte, bei denen bei Zugang bereits objektive Hinweise auf eine Wertminderung vorliegen, gelten gesonderte Vorschriften.

2. 3-Stufen Modell

Mit dem ab 2018 geltenden prospektiven Wertminderungsmaßstab des Expected Credit Loss sollen die zukünftig erwarteten Zahlungsausfälle unter Einbeziehung aller relevanten unternehmensinternen und -externen Informationen antizipiert und zu jedem Stichtag neu geschätzt werden. Nach IFRS 9 erfolgt die Wertminderung entsprechend dem Kreditrisiko in drei Stufen:

  • Stufe 1: Liegt bei finanziellen Vermögenswerten, die bei Zugang ein geringes Ausfallsrisiko aufweisen, keine signifikante Verschlechterung in der Kreditqualität seit Zugang vor, sind erwartete Verluste in Höhe des Barwerts eines erwarteten 12-Monats-Verlusts zu erfassen. Die Zinsvereinnahmung erfolgt auf Basis des Bruttobuchwertes (Nennwert vor Abzug einer Risikovorsorge) nach der Effektivzinsmethode.
  • Stufe 2: Wenn eine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos, jedoch kein objektiver Hinweis auf eine Wertminderung vorliegt, ist die Risikovorsorge bis zur Höhe der erwarteten Verluste über die gesamte Restlaufzeit (lifetime expected credit losses) aufzustocken. Die Zinsvereinnahmung erfolgt unverändert auf Basis des Bruttobuchwertes nach der Effektivzinsmethode.
  • Stufe 3: Liegt ein objektiver Hinweis auf Wertminderung vor, ist zusätzlich die Zinsvereinnahmung anzupassen, diese erfolgt ab diesem Zeitpunkt auf Basis des Nettobuchwertes (Nennwert abzgl. Risikovorsorge = fortgeführte Anschaffungskosten).

3. Ausfallsrisiko

Ein Unternehmen hat an jedem Abschlussstichtag zu prüfen, ob seit Zugang des Finanzinstruments eine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos eingetreten ist. Was als signifikante Erhöhung des Kreditrisikos erfasst wird, ist durch den Bilanzierenden individuell festzulegen. Das Ausfallrisiko ist dabei anhand der Ausfallwahrscheinlichkeit der gesamten Restlaufzeit zu bemessen. Geboten ist ein Vergleich der ursprünglichen Ausfallwahrscheinlichkeit bei Zugang des Instruments mit der Ausfallwahrscheinlichkeit am Abschlussstichtag. Die Höhe des absoluten Ausfallrisikos ist unbeachtlich. Liegt zum Abschlussstichtag nicht länger eine signifikante Erhöhung des Ausfallrisikos vor, ist das Instrument von Stufe 2 zurück in Stufe 1 zu transferieren.

Ein Unternehmen kann davon ausgehen, dass sich das Ausfallrisiko bei einem Finanzinstrument seit dem erstmaligen Ansatz nicht signifikant erhöht hat, wenn ermittelt wird, dass bei dem betreffenden Finanzinstrument zum Abschlussstichtag ein niedriges Ausfallrisiko besteht – es kann somit das Finanzinstrumente ohne Prüfung der Stufe 1 zuordnen. Es gilt die widerlegbare Vermutung, dass ein Transfer in Stufe 2 spätestens dann zu erfolgen hat, sobald vertragliche Zahlungen seit mehr als 30 Tagen überfällig sind. Die Annahme kann jedoch durch den Nachweis widerlegt werden, dass das Ausfallrisiko bei Überschreiten der 30-Tages-Schwelle nicht signifikant steigt.

Ein Transfer aus Stufe 2 in Stufe 3 hat zu erfolgen, wenn objektive Hinweise für eine Wertminderung am Abschlussstichtag vorliegen (zB erhebliche finanzielle Schwierigkeiten des Schuldners, Vertragsbruch durch Ausfall oder Verzug von Zins- oder Tilgungszahlungen, wirtschaftliche Zugeständnisse, erhöhte Insolvenzwahrscheinlichkeit).

Finanzinstrumente, die mehr als 90 Tage überfällig sind, sind widerlegbar der Stufe 3 zuzuordnen.

4. Finanzielle Vermögenswerte mit bereits beim Zugang beeinträchtigter Bonität

Für finanzielle Vermögenswerte, die bei Zugang bereits einen objektiven Hinweis auf Wertminderung aufweisen, ist die Effektivverzinsung nicht auf Basis der vertraglichen Zahlungsströme, sondern auf Basis der erwarteten Zahlungsströme unter Beachtung künftiger erwarteter Verluste zu ermitteln. Veränderungen in der Schätzung der erwarteten Verluste über die Restlaufzeit seit Zugang sind in der Folge sofort und in voller Höhe ertrags- oder aufwandswirksam zu erfassen.

5. Vereinfachtes Wertminderungsmodell

Für Forderungen aus Leasingverhältnissen, Vertragsvermögenswerte und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen besteht zudem die Möglichkeit der Anwendung eines vereinfachten Wertminderungsmodells. Demnach ist unabhängig von der Kreditqualität eine Risikovorsorge in Höhe der erwarteten Verluste über die Restlaufzeit zu erfassen, dh. es erfolgt eine pauschale Zuordnung zu Stufe 2 bei Zugang und ein Transfer in Stufe 3, soweit objektive Hinweise auf Wertminderung vorliegen.

6. Berechnung/Schätzung der erwarteten Verluste

Die Berechnung der erwarteten Verluste kann auf Ebene des einzelnen Finanzinstruments oder auf Portfolioebene erfolgen, soweit die Finanzinstrumente ähnliche Ausfallrisikoeigenschaften aufweisen. Soweit auf Ebene des einzelnen Instruments keine angemessenen Informationen verfügbar sind, die ohne unangemessenen Zeit- oder Kostenaufwand beschafft werden können, hat die Bewertung des erwarteten Verlusts auf Portfolioebene unter Berücksichtigung aller relevanten Informationen inklusive künftiger Prognosen zu erfolgen.

Für die Schätzung erwarteter Verluste wird im Standard keine konkrete Berechnungsmethode vorgeschrieben. So soll Unternehmen, die keine Daten bzgl. der 12-monatigen Ausfallwahrscheinlichkeit vorliegen haben, eine Berechnung auf Basis historischer und branchenbezogener Daten ermöglicht werden.

Die Verlustschätzungen in Stufe 1 und den Stufen 2 und 3 unterscheiden sich durch den Zeithorizont, für den die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls berücksichtigt wird. Für die Berechnung des erwarteten 12-Monats-Verlusts in Stufe 1 sind die erwarteten Zahlungsausfälle über die Restlaufzeit mit der Ausfallwahscheinlichkeit des Instruments innerhalb der nächsten zwölf Monate zu gewichten. In den Stufen 2 und 3 hinggen ist die Ausfallwahrscheinlichkeit über die Restlaufzeit des Instruments zu berücksichtigen.

7. Übergangsvorschriften

Der neuen Wertminderungsvorschriften sind grundsätzlich retrospektiv anzuwenden, die Unternehmen sind jedoch nicht verpflichtet, die Vorperioden anzupassen, dh. der Anpassungseffekt ist in den Gewinnrücklagen zum Übergangszeitpunkt (zB zum 1.1.2018) zu erfassen. Eine Anpassung der Vorjahreszahlen kann aber bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auf freiwilliger Basis erfolgen.

8. Anwendbarkeit des IFRS 9 Wertminderungsmodells für UGB-Zwecke

Das IFRS 9 Wertminderungsmodell entspricht nicht den UGB Einzelbewertungsgrundsätzen, die eher mit dem Incurred Loss Modell des IAS 39 vergleichbar sind, dh. eine Wertminderung auf Basis bereits eingetretener Verluste vorsehen.

Für die Ermittlung der Pauschalwertberichtigung von Forderungen kann die IFRS 9 Ermittlung hingegen iSd § 201 Abs 2 Z 7 UGB (Berücksichtigung von statistisch ermittelbaren Erfahrungswerten aus gleichgelagerten Sachverhalten) durchaus zu sachgerechten Ergebnissen führen und sollte auch im Hinblick auf die Bewertungsstetigkeit durch eine wesentlich verbesserte Datenqualität unternehmensrechtlich anwendbar sein.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Durchführung bzw. Implementierung des Expected Credit Loss-Wertminderungsmodells.

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