Aktuelle Rechtsprechung &
Verwaltungspraxis im Überblick

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Im Fokus: Gewinnfreibetrag bei Veräußerung eines Betriebes bzw. Mitunternehmeranteils, die VwGH-Klarstellung zu fiktiven Anschaffungskosten am Gebäudeteil und ein grenzüberschreitender Immobilienverkauf mit doppelter Steuerfreiheit.

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Fiktive Anschaffungskosten für Gebäudeteile: Neue Klarstellung des VwGH

Der Verwaltungsgerichtshof hat kürzlich entschieden (VwGH vom 27.5.2025, Ro 2024/15/0018), dass fiktive Anschaffungskosten auch nur für einzelne Gebäudeteile angesetzt werden können.  

Sachverhalt

Im konkreten Fall hatte ein Steuerpflichtiger eine Drittelanteil eines Zinshauses im Jahr 1985 und die übrigen zwei Drittel im Jahr 1995 durch Schenkungen im Familienkreis erworben (steuerliches „Altvermögen“). Das nichtparifizierte Gebäude enthielt sechs Wohneinheiten, wovon vier an Dritte vermietet wurden und die beiden anderen vom Steuerpflichtigen und seinen Eltern, die keine fremdübliche Miete bezahlten, bewohnt wurden. Im Jahr 2016 erfolgte die Sanierung des gesamten Gebäudes, ab diesem Jahr zahlten auch die Eltern eine fremdübliche Miete. Der Steuerpflichtige ging von einer erstmaligen fremdüblichen Vermietung der Wohnung aus und setzte als AfA-Bemessungsgrundlage die (höheren) „fiktiven Anschaffungskosten der Wohnung an. 

Ansicht Finanzverwaltung und BFG

Das Finanzamt und das Bundesfinanzgericht vertraten die Auffassung, dass die Abschreibungsgrundlage für das gesamte Gebäude einheitlich zu ermitteln sei, im konkreten Fall daher auf Basis der historischen Anschaffungskosten. Eine erstmalige Vermietung betreffend die elterliche Wohnung liege nicht vor, da bereits vorher Wohnungen im Gebäude vermietet wurden und das Gebäude als Einheit anzusehen sei. 

Ansicht VwGH

Der VwGH stellte jedoch klar: Werden Gebäudeteile unterschiedlich genutzt, so erfolgt eine Aufteilung des Gebäudes in einen betrieblichen und einen privaten Teil, wobei für Zwecke der Aufteilung jede Einheit gesondert zu beurteilen ist. Dient der zum steuerlichen Privatvermögen zählende Teil des Gebäudes zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung & Verpachtung, steht die AfA nur für vermietete Gebäudeteile zu und nicht für die privat genutzten Teile. Daher kann sich die konkrete AfA-Bemessungsgrundlage eines Gebäudes je nach Nutzung (betrieblich, außerbetrieblich oder privat) für einzelne Gebäudeteile unterscheiden. Im Fall der erstmaligen Vermietung einer Wohnung in einem Gebäude ist für die Ermittlung der Anschaffungskosten analog wie bei einer Einlage in ein Betriebsvermögen auszugehen. Die Abschreibung für die ab 2016 an die Eltern fremdüblich vermietete Wohnung kann daher von den „fiktiven Anschaffungskosten“ bemessen werden.  

Der VwGH kam auch zu dem Schluss, dass Liebhaberei einer Anwendung „fiktiven Anschaffungskosten“ nicht entgegensteht. Wird eine als Liebhaberei zu qualifizierende Vermietungstätigkeit eines Gebäudes zu einem späteren Zeitpunkt als Einkunftsquelle betrieben, liegt ab diesem Zeitpunkt eine erstmalige Verwendung zur Erzielung von Einkünften vor.  

TPA Tipp

Die aktuelle Entscheidung des VwGH ist eine wichtige Klarstellung für den Ansatz von fiktiven Anschaffungskosten für einzelne Gebäudeteile, die erstmalig vermietet werden. Ergänzend zu dem Sachverhalt führte der VwGH aus, dass der Ansatz von fiktiven Anschaffungskosten nur für einen Gebäudeteil auch in anderen Fällen möglich sein muss. Denkbar ist etwa, dass ein Teil der Liegenschaft als Altvermögen erworben wurde, während ein weiterer Anteil erst nach dem 31.3.2002 angeschafft wurde und somit „Neuvermögen“ darstellt, oder dass ein Gebäude des Altvermögens“ um ein neues Stockwerk aufgestockt wird, sodass dieser neue Teil steuerlich „Neuvermögen“ ist.

Österreicher verkauft deutsche Immobilie - steuerfrei in Deutschland und in Österreich!

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat in einer aktuellen „EAS-Auskunft (EAS 3457) bestätigt, dass beim Verkauf einer in Deutschland gelegenen Immobilie durch eine Person, die in Österreich steuerlich ansässig ist, keine österreichische Immobilienertragsteuer („Immo-ESt“) anfällt. Dies gilt selbst dann, wenn aufgrund des Ablaufes der in Deutschland geltenden Spekulationsfrist auch in Deutschland keine Ertragsteuern anfallen, wenn der Gewinn somit sowohl in Deutschland als auch in Österreich steuerfrei bleibt („doppelte Nichtbesteuerung“)! 

Technische Begründung hierfür: Das Besteuerungsrecht liegt grundsätzlich bei demjenigen Staat, in dem die Immobilie liegt – in diesem Fall Deutschland. Kommt es zu keiner Besteuerung in Deutschland, so stellt sich die Frage, ob die im Jahr 2023 neu ins Doppelbesteuerungsabkommen AT-DE eingefügte Bestimmung einer „subject to tax“-Klausel (=Wechsel von der Befreiungsmethode zur Anrechnungsmethode) im Fall einer doppelten Nichtbesteuerung bei der Veräußerung von Immobilien in Deutschland anzuwenden ist.  

Zu prüfen ist, ob ein sogenannter „Qualifikationskonflikt“ vorliegt. Im konkreten Fall wurde dies vom BMF verneint, weil die Tatsache, dass Deutschland in bestimmten Konstellationen wie der hier vorliegenden eine nationale Steuerbefreiung greift, nicht zu einem Qualifikationskonflikt führt.  

Österreich wendet daher (weiterhin) die Befreiungsmethode an, sodass keine österreichische Immo-ESt auf den deutschen Veräußerungsgewinn erhoben wird. Es sind auch keine besonderen Vorauszahlungen zu leisten.  

TPA Tipp

Die Einkünfte aus dem deutschen Immobilienverkauf müssen idR auch nicht in den österreichischen „Progressionsvorbehalt“ eingerechnet werden, solange für den Immobilienverkauf der besondere lineare Steuersatz von 30% (4,2% bei „Altvermögen“) gilt und keine Option zur Regelbesteuerung gewählt wird.

Nachversteuerung von Gewinnfreibeträgen bei Veräußerung des Betriebes oder des Mitunternehmeranteils – nicht immer!

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat sich mit der Frage beschäftigt, wann investitionsbedingte Gewinnfreibeträge nachversteuert werden müssen, wenn ein Mitunternehmer seinen Anteil verkauft und Wertpapiere vom bisherigen Sonderbetriebsvermögen ins Privatvermögen überführt. Im konkreten Fall veräußerte ein Kommanditist seinen gesamten Mitunternehmeranteil an einen Erwerber, behielt aber Wertpapiere zurück, für die in den Vorjahren Gewinnfreibeträge geltend gemacht wurden und deren Behaltefrist noch nicht abgelaufen war. 

Das Finanzamt sah darin eine Entnahme ins Privatvermögen und setzte die Nachversteuerung fest. Der VwGH bestätigte diese Sichtweise (VwGH vom 24. 4. 2025, Ro 2023/15/00269): Die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit reicht nicht aus, um die Nachversteuerung zu verhindern, auch liegt hier keine begünstigte „höhere Gewalt“ vor. Entscheidend ist, dass die Wertpapiere nicht mehr dem Betriebsvermögen dienen und somit der Zweck des Gewinnfreibetrags – die Stärkung des Betriebskapitals – nicht mehr erfüllt ist. 

TPA Tipp

Wird hingegen nur ein Teil eines Mitunternehmeranteiles verkauft, können die Wertpapiere im bestehenden Sonderbetriebsvermögen des Verkäufers verbleiben, ohne dass eine Nachversteuerung ausgelöst wird. 

TPA Tipp

Weiters kann auch bei einer Übertragung eines gesamten Betriebs die Behaltefrist durch den Nachfolger erfüllt werden. Bei einer Betriebsveräußerung müssen diesfalls die Wertpapiere mitveräußert werden. Bei derartigen Vereinbarungen ist darauf zu achten, dass das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren auf den Erwerber übertragen wird und nicht beim Veräußerer verbleibt und der Erwerber die Einhaltung der Behaltefrist sicherstellt.

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