Der ESRS S1 ist einer von vier themenspezifischen Social Standards der European Sustainability Reporting Standards. Der vorliegende Artikel basiert auf dem Entwurf des ESRS S1 vom 31.07.2023. Falls Sie sich einen allgemeinen Überblick zu den Standards verschaffen möchten, können Sie diese gerne hier nachlesen.
Wovon handelt der ESRS S1?
Im ESRS S1 wird festgelegt, welche Angaben im Zusammenhang mit den eigenen Arbeitskräften zu machen sind. Der Standard dient dazu, die wesentlichen positiven, negativen, potenziellen und tatsächlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens in Bezug auf die eigenen Arbeitskräfte darzustellen. Darüber hinaus soll der Umgang mit den Auswirkungen sowie in diesem Zusammenhang stehende Maßnahmen zur Vermeidung, Abschwächung oder Minderung der Auswirkungen aufgezeigt werden. Außerdem sind Angaben zu Charakteristika und unterschiedliche Indikatoren in Bezug auf die Arbeitskräfte zu machen.
Querverweise zu anderen ESRS
Der Standard ESRS S1 soll unter Rücksichtnahme von den Standards ESRS 1 und ESRS 2 angewendet werden. Darüber hinaus sollen die anderen Social Standards – ESRS S2, S3 und S4 – ebenfalls herangezogen werden.
Angabepflichten gemäß ESRS S1
Der Standard S1 beinhaltet 17 „social“-spezifische Angabepflichten (S1-1 bis S1-17) sowie zwei Anforderungen aus dem ESRS 2 (ESRS 2 SBM-2, SBM-3), wobei SBM für Strategie und Businessmodel steht. Einen Überblick der Angabepflichten erhalten Sie in nachstehender Tabelle. Die Angabepflichten werden in den nachfolgenden Unterkapiteln überblicksmäßig beschrieben.
Nr. | Angabepflicht | Beschreibung |
1 | ESRS 2 SBM-2 | Interessen und Ansichten der Stakeholder |
2 | ESRS 2 SBM-3 | Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen und deren Wechselwirkung mit Unternehmensstrategie und Geschäftsmodell |
3 | S1-1 | Richtlinien in Zusammenhang mit eigenen Arbeitskräften |
4 | S1-2 | Verfahren zur Einbindung von eigenen Arbeitskräften in Bezug auf Auswirkungen |
5 | S1-3 | Verfahren zur Behebung negativer Auswirkungen und Kanäle für eigene Arbeitskräfte, um Bedenken zu äußern |
6 | S1-4 | Ergreifung von Maßnahmen in Bezug auf wesentliche Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte sowie Ansätze zur Minderung wesentlicher Risiken und Förderung wesentlicher Chancen in diesem Zusammenhang sowie die Wirksamkeit dieser Maßnahmen |
7 | S1-5 | Ziele in Bezug auf das Management wesentlicher negativer Auswirkungen, der Förderung positiver Auswirkungen und das Management wesentlicher Risiken und Chancen |
8 | S1-6 | Charakteristika der Arbeitskräfte des Unternehmens |
9 | S1-7 | Charakteristika der nicht-angestellten Arbeitskräfte des Unternehmens |
10 | S1-8 | Kollektivvertragliche Absicherung und sozialer Dialog |
11 | S1-9 | Diversitätsmessgrößen |
12 | S1-10 | Faire Vergütungspolitik |
13 | S1-11 | Soziale Absicherung |
14 | S1-12 | Menschen mit Behinderungen |
15 | S1-13 | Messgrößen zu Ausbildung und Kompetenzentwicklung |
16 | S1-14 | Messgrößen zu Gesundheit und Sicherheit |
17 | S1-15 | Messgrößen zu Work-Life-Balance |
18 | S1-16 | Vergütungsindikatoren (Lohngefälle und Gesamtvergütung) |
19 | S1-17 | Arbeitsbezogene Vorfälle, Beschwerden und schwere Menschenrechtsverletzungen |
1. Angabepflicht in Zusammenhang mit ESRS 2 SBM-2 – Interessen und Ansichten der Stakeholder
Das Unternehmen soll offenlegen, wie die Interessen, Ansichten und Rechte von Arbeitskräften, auch unter Berücksichtigung der Menschenrechte, die Unternehmensstrategie und das Geschäftsmodell beeinflussen.
2. Angabepflicht in Zusammenhang mit ESRS 2 SBM-3 – Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen und deren Wechselwirkung mit Unternehmensstrategie und Geschäftsmodell
Das Unternehmen soll unter dieser Angabepflicht offenlegen, ob und wie tatsächliche und potenzielle Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte infolge der Unternehmensstrategie und dem Geschäftsmodell entstehen und wie diese Auswirkungen dazu beitragen, die Strategie und das Geschäftsmodell zu adaptieren.
Die Unternehmen müssen im Zuge ihrer Berichterstattung nach ESRS 2 offenlegen, ob sie alle eigenen Arbeitskräfte, die durch den eigenen Betrieb oder eine Geschäftsbeziehung in der Wertschöpfungskette wesentlich beeinflusst werden können, in der Berichterstattung einbezogen haben. Außerdem ist die Art der Tätigkeiten und das Tätigwerden in Ländern oder geografischen Regionen mit erhöhtem Risiko von Zwangs- und Kinderarbeit offenzulegen.
3. Angabepflicht S1-1 – Richtlinien im Zusammenhang mit eigenen Arbeitskräften
Das Unternehmen soll über die Richtlinien zum Management der wesentlichen Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte sowie die wesentlichen Risiken und Chancen in diesem Zusammenhang berichten. Unter anderem soll offengelegt werden, ob es Unternehmensrichtlinien gibt, die auf die Beseitigung von Diskriminierung, einschließlich Belästigung, sowie auf die Förderung der Chancengleichheit abzielen.
4. Angabepflicht S1-2 – Verfahren zur Einbindung von eigenen Arbeitskräften in Bezug auf Auswirkungen
Im Rahmen dieser Angabepflicht soll das Unternehmen die allgemeinen Prozesse zur Einbindung der eigenen Arbeitskräfte sowie deren Vertretern hinsichtlich tatsächlicher und potenzieller wesentlicher Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte beschreiben. Hierbei soll unter anderem offengelegt werden, ob der Austausch direkt mit den Arbeitskräften oder mit Vertretern der Arbeitskräfte stattfindet, sowie die Art und Häufigkeit des Austausches dargelegt werden.
5. Angabepflicht S1-3 – Verfahren zur Behebung negativer Auswirkungen und Kanäle für eigene Arbeitskräfte, um Bedenken zu äußern
Das Unternehmen soll die Verfahren zur Beseitigung negativer Auswirkungen auf die Arbeitskräfte, welche das Unternehmen nachweislich verursacht oder zu denen es beigetragen hat, beschreiben. Des Weiteren müssen die Möglichkeiten, welche den Arbeitskräften zur Äußerung von Bedenken zur Verfügung stehen, dargestellt werden und unter anderem die konkreten Mechanismen und Prozesse in diesem Zusammenhang offenlegen.
6. Angabepflicht S1-4 – Ergreifung von Maßnahmen in Bezug auf wesentliche Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte sowie Ansätze zur Minderung wesentlicher Risiken und Förderung zur Verfolgung zum Anstreben wesentlicher Chancen in diesem Zusammenhang sowie die Wirksamkeit dieser Maßnahmen
Im Zuge dieser Angabepflicht soll vermittelt werden, welche Maßnahmen und Initiativen das Unternehmen trifft, um wesentliche negative Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte abzuschwächen und zu beheben. Darüber hinaus, sollen auch Maßnahmen zum Erreichen von wesentlichen positiven Auswirkungen im Zusammenhang mit den eigenen Arbeitskräften dargestellt werden. Außerdem soll unter anderem beschrieben werden, wie die Auswirkungen gemanagt werden und welche Ressourcen hier zur Verfügung stehen.
7. Angabepflicht S1-5 – Ziele in Bezug auf das Management wesentlicher negativer Auswirkungen, der Förderung positiver Auswirkungen und das Management wesentlicher Risiken und Chancen
Das Unternehmen soll im Rahmen dieser Angabepflicht die zeitlichen und ergebnisorientierten Ziele, in Bezug auf folgende Themenstellungen erläutern:
- die Verringerung der negativen Auswirkungen
- die Förderung der positiven Auswirkungen auf die eigenen Arbeitskräfte
- das Management wesentlicher Risiken und Chancen im Zusammenhang mit den eigenen Arbeitskräften
Darüber hinaus soll beispielsweise der Zielsetzungsprozess sowie die Einbindung der eigenen Arbeitskräfte in diesem Zusammenhang offengelegt werden.
8. Angabepflicht S1-6 – Charakteristika der Arbeitskräfte des Unternehmens
Es sollen die wichtigsten Merkmale der Arbeitskräfte beschrieben werden. Im Zuge dessen soll die Gesamtanzahl der Arbeitskräfte, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und nach Ländern, das Vollzeitäquivalent sowie die Rate der Mitarbeiterfluktuation im Berichtzeitraum angegeben werden.
9. Angabepflicht S1-7 – Charakteristika der Arbeitskräfte des Unternehmens
Das Unternehmen beschreibt in dieser Angabepflicht die wichtigsten Merkmale der nicht angestellten Arbeitskräfte. Hiervon ist die Gesamtzahl der nicht angestellten Arbeitskräfte sowie die Art der Arbeit, die sie verrichten umfasst.
10. Angabepflicht S1-8 – Kollektivvertragliche Absicherung und sozialer Dialog
Das Unternehmen soll Informationen darüber offenlegen, inwieweit die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen seiner eigenen Arbeitskräfte durch Kollektivverträge festgelegt oder beeinflusst werden und inwieweit die Arbeitskräfte im EWR auf betrieblicher und europäischer Ebene in den sozialen Dialog einbezogen sind. So soll beispielsweise der Prozentsatz, wie viel Prozent der gesamten Arbeitskräfte durch Kollektivverträge abgedeckt sind offengelegt werden.
11. Angabepflicht S1-9 – Diversitätsmessgrößen
Die Angabepflicht umfasst die zahlenmäßige und prozentuale Geschlechterverteilung in der obersten Führungsebene und die Altersverteilung (unter 30 Jahre, 30-50 Jahre, über 50 Jahre) der Arbeitskräfte des Unternehmens.
12. Angabepflicht S1-10 – Faire Vergütungspolitik
Das Unternehmen muss offenlegen, ob alle Arbeitskräfte der eigenen Belegschaft ein angemessenes Entgelt erhalten, welches sich an entsprechenden Benchmarks orientiert. Sollten Arbeitskräfte kein angemessenes Entgelt erhalten, muss dies angegeben werden.
13. Angabepflicht S1-11 – Soziale Absicherung
Im Rahmen dieser Angabepflicht muss das Unternehmen angeben, ob seine eigenen Arbeitskräfte gegen Einkommensverluste aufgrund schwerwiegender Lebensereignisse abgesichert sind. Diese Lebensereignisse sind unter anderem Krankheit, Karenz, oder Arbeitsunfälle. Sind die Arbeitskräfte in diesem Rahmen abgesichert, sind keine weiteren Angaben zu treffen.
14. Angabepflicht S1-12 – Menschen mit Behinderungen
Das Unternehmen soll im Zuge dieser Angabepflicht unter anderem den prozentualen Anteil von Menschen mit Behinderungen seiner eigenen Arbeitskräfte offenlegen, optional nach Geschlecht aufgeschlüsselt.
15. Angabepflicht S1-13 – Messgrößen zu Ausbildung und Kompetenzentwicklung
Das Unternehmen soll in dieser Angabepflicht angeben, inwieweit den Arbeitskräften Schulungen anbietet. Das Unternehmen soll unter anderem den prozentualen Anteil der Arbeitskräfte, die an regelmäßigen Leistungsbeurteilungen teilgenommen haben und die durchschnittliche Anzahl der Weiterbildungsstunden pro Arbeitskraft, angeben. Diese Informationen sind nach den Kategorien der Arbeitskräfte und Geschlecht aufzuschlüsseln.
16. Angabepflicht S1-14 – Messgrößen zu Ausbildung und Kompetenzentwicklung
Die Angabepflicht erfordert die Offenlegung von Informationen, inwieweit Arbeitskräfte vom Arbeitsschutzmanagementsystem des Unternehmens erfasst werden, sowie über die Zahl der Vorfälle im Zusammenhang mit arbeitsbedingten Verletzungen, Erkrankungen und. Außerdem soll das Unternehmen die Zahl der Todesfälle infolge von arbeitsbedingten Verletzungen und arbeitsbedingten Erkrankungen anderer Arbeitskräfte, die auf dem Betriebsgelände des Unternehmens arbeiten, offenlegen.
17. Angabepflicht S1-15 – Messgrößen zu Work-Life-Balance
Das Unternehmen legt offen, in welchem Umfang die Arbeitskräfte einen familiär bedingten Anspruch auf Abwesenheit haben und diese Möglichkeit nutzen. Im Falle, dass aufgrund der Sozialpolitik und/oder von Kollektivverträgen alle einen familiär bedingten Anspruch auf Abwesenheit haben, reicht es für diese Angabepflicht aus, dies anzugeben.
18. Angabepflicht S1-16 – Vergütungsindikatoren (Lohngefälle und Gesamtvergütung)
Im Rahmen dieser Angabepflicht soll das prozentuale Lohngefälle zwischen Frauen und Männern sowie das Verhältnis zwischen der Vergütung der höchstbezahlten Person und dem Median der Vergütung der Arbeitskräfte vom Unternehmen offengelegt werden.
19. Angabepflicht S1-17 – Arbeitsbezogene Vorfälle, Beschwerden und schwere Menschenrechtsverletzungen
Die Angabepflicht erfordert unter anderem die Offenlegung der Zahl der arbeitsbedingten Vorfälle und/oder Beschwerden und der schwerwiegenden menschenrechtlichen Auswirkungen und Vorfälle innerhalb der eigenen Belegschaft sowie alle damit verbundenen wesentlichen Geldbußen oder Sanktionen für den Berichtszeitraum.