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Einschränkung der Übertragung stiller Reserven bei Privatstiftungen nach § 13 Absatz 4 KStG 1988 durch den VwGH

Einschränkung der Übertragung stiller Reserven bei Privatstiftungen nach § 13 Absatz 4 KStG 1988 durch den VwGH

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Einschränkung der Übertragung stiller Reserven bei Privatstiftungen nach § 13 Absatz 4 KStG 1988 durch den VwGH

Der Verwaltungsgerichtshof – VwGH hat in seiner Entscheidung vom 17. November 2022, Ra 2021/15/0053, die Übertragbarkeit stiller Reserven bei Privatstiftungen gemäß § 13 Absatz 4 KStG 1988 im Vergleich zur bisherigen Ansicht der Verwaltungspraxis in Rz 177 der StiftR 2009 eingeschränkt. Laut VwGH ist die Übertragung stiller Reserven gemäß § 13 Absatz 4 KStG 1988 auf Anschaffungskosten einer Kapitalerhöhung samt Agio bei einer bereits bestehenden 100 %igen Tochtergesellschaft nicht begünstigt, da durch die Kapitalerhöhung keine neuen Anteile im Sinne des § 13 Absatz 4 KStG 1988 von über 10% erworben werden.

Gesetzliche Regelung

Veräußert eine Privatstiftung einen nicht im Betriebsvermögen gehaltenen Anteil an einer Körperschaft, an der die Privatstiftung oder bei unentgeltlichem Erwerb ihr Rechtsvorgänger innerhalb der letzten 5 Jahre zu irgendeinem Zeitpunkt zu mindestens 1% beteiligt war, besteht gemäß § 13 Absatz 4 KStG 1988 die Möglichkeit, den realisierten Veräußerungsüberschuss (= Veräußerungserlös abzüglich steuerlicher Anschaffungskosten) unter bestimmten Voraussetzungen auf eine sogenannte „Ersatzbeteiligung“ zu übertragen.

Unter einer Ersatzbeteiligung wird ein von der Privatstiftung angeschaffter Anteil an einer Körperschaft, der mehr als 10 % beträgt, verstanden. Um Steuergestaltungen durch den Erwerb aus dem Umfeld der Privatstiftung zu verhindern, wurden mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007 Anschaffungen von bestehenden Anteilen an einer Körperschaft, an denen die Privatstiftung, ein Stifter oder Begünstigter allein oder gemeinsam unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 20 % beteiligt sind, ausgenommen. Nach den Erläuterungen zum AbgSG 2007 soll dieser Ausschluss nicht die Gründung einer neuen Kapitalgesellschaft durch die Privatstiftung oder eine Kapitalerhöhung an einer bereits bestehenden Tochter-Kapitalgesellschaft betreffen, weil bei beiden Vorgängen nicht bereits bestehende Anteile erworben werden.

Dementsprechend ist eine Übertragbarkeit der stillen Reserven auch dann gegeben, wenn eine Tochtergesellschaft durch die Privatstiftung neu gegründet wird oder eine ordentliche Kapitalerhöhung an einer bereits bestehenden Tochter-Kapitalgesellschaft erfolgt und die Privatstiftung durch eine solche einen über 10 %igen Anteil an der Körperschaft (zusätzlich) erwirbt. Die Regelung des § 13 Absatz 4 KStG 1988 ist der Übertragung stiller Reserven gemäß § 12 EStG nachgebildet und stellt somit eine Investitionsbegünstigung für Ersatzanschaffungen dar.

Nach Ansicht der bisherigen Verwaltungspraxis in Rz 117 der StiftR 2009 galt, dass eine Übertragung der stillen Reserven auch nach einer Kapitalerhöhung bei einer bereits 100 %igen Tochtergesellschaft der Privatstiftung möglich war. Auch ein im Zuge der Kapitalerhöhung gezahltes Agio war nach bisheriger Verwaltungspraxis begünstigt. Dagegen berechtigte die bloße Gewährung eines Gesellschafterzuschusses, der lediglich zu einer Erhöhung der Anschaffungskosten einer bestehenden Beteiligung führt, nicht zur Übertragung von stillen Reserven nach § 13 Absatz 4 KStG 1988, da zwar die Anschaffungskosten der bestehenden Beteiligung erhöht wurden, aber keine Anschaffung von Gesellschaftsanteilen erfolgte. Das bisher vorherrschende Verständnis des § 13 Absatz 4 KStG 1988 wurde durch das jüngst ergangene Erkenntnis des VwGH aber deutlich verändert.

Der Entscheidung zugrunde liegender Sachverhalt

Eine österreichische Privatstiftung veräußerte im März 2008 ihre 100%ige Beteiligung an einer Aktiengesellschaft an die R S.A. (British Virgin Islands) und übertrug die dadurch aufgedeckten stillen Reserven auf eine Rücklage gemäß § 13 Absatz 4 KStG 1988. Im Jänner 2009 erwarb die Privatstiftung 100% der Anteile an der F GmbH. Mit Beschluss am selben Tag wurde eine ordentliche Kapitalerhöhung von EUR 35.000 auf EUR 1.000.000 durchgeführt und ein Agio in Höhe von EUR 10.200.000 zugesagt. Die Privatstiftung übertrug gemäß § 13 Absatz 4 KStG 1988 die stillen Reserven aus der Veräußerung der Aktiengesellschaft in Höhe von EUR 11.169.687 auf die Anschaffungskosten der F GmbH inklusive des Agios. In weiterer Folge ist die Liquidität aus dem Agio – mit Hilfe von diversen „im Kreis geschickten“ Darlehen an verschiedene Gesellschaften – innerhalb kurzer Zeit wieder an die Privatstiftung zurückgeflossen.

Entscheidung des VwGH

Im Gegensatz zum Bundesfinanzgericht – BFG, das die Nichtanwendbarkeit der Übertragung stiller Reserven insbesondere mit steuerlichem Missbrauch gemäß § 22 BAO begründete, stellte der VwGH in seiner Entscheidung rein auf die Interpretation der bestehende Gesetzeslage zur Übertragbarkeit stiller Reserven ab:

In seinem Erkenntnis hält der VwGH fest, dass durch eine Veräußerung von Beteiligungen aufgedeckte stille Reserven auf eine im Veräußerungsjahr oder innerhalb eines Jahres angeschaffte Beteiligung übertragen werden können, wenn damit ein (zusätzlicher) Anteil von mehr als 10 % an der Körperschaft erworben wird.

Der VwGH hat explizit festgestellt, dass eine Übertragbarkeit von stillen Reserven iSd § 13 Absatz 4 KStG 1988 auf eine Ersatzbeteiligung auch dann gegeben ist, wenn eine Tochtergesellschaft durch die Privatstiftung neu gegründet wird oder wenn eine ordentliche Kapitalerhöhung bei einer Gesellschaft erfolgt und die Privatstiftung durch eine solche einen mehr als 10%igen Anteil an der Körperschaft (zusätzlich) erwirbt. Kann an der Kapitalerhöhung nur (!) teilnehmen, wer für die neuen Anteile ein Agio leistet, steht dieses – den Anschaffungskosten der neu erworbenen Anteile – zuzuordnende Agio beim Erwerber der neuen Anteile für eine Übertragung stiller Reserven nach § 13 Absatz 4 KStG 1988 zur Verfügung.

Im Gegensatz zur bisherigen Ansicht der Verwaltungspraxis in Rz 177 der StiftR 2009 liegt laut VwGH im Fall einer Kapitalerhöhung durch die 100 %ige Alleingesellschafterin, die nur von ihr gezeichnet werden soll, weder eine Änderung des Beteiligungsausmaßes noch ein Erwerb einer zusätzlichen mehr als 10%igen Beteiligung vor. Nachdem die Privatstiftung bereits zu 100% an der Gesellschaft beteiligt war, wurden durch die Kapitalerhöhung keine „neuen“ Anteile von über 10 % iSd § 13 Absatz 4 KStG 1988 erworben, weshalb eine Übertragung der stillen Reserven nicht möglich war. Da das Agio den neu ausgegebenen Anteilen zuzuordnen ist und die Ursache dafür nicht im Ausgleich der Beiträge verschiedener Gesellschafter der Kapitalgesellschaft liegt, kann auch keine Übertragung stiller Reserven auf das Agio erfolgen.

Fazit

Nach der neuen Rechtsprechung des VwGH ist entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis eine Übertragung von stillen Reserven auf eine bereits bestehende 100%ige Tochtergesellschaft im Wege einer Kapitalerhöhung und/oder eines Agios nicht möglich. Dennoch stellt laut VwGH die Neugründung einer Tochtergesellschaft mit hohem Stammkapital (ohne Agio) eine mögliche Ersatzanschaffung für die Übertragung von stillen Reserven dar, womit weiterhin ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleibt, wenn in der Tochtergesellschaft mit dem Eigenkapital Investitionen geplant sind. Wie die Finanzverwaltung mit bereits verwirklichten Sachverhalten, bei denen im Vertrauen auf die Ausführungen in den Stiftungsrichtlinien gehandelt wurde, umgehen wird, ist noch nicht endgültig geklärt.

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