Was bringt der Brexit für Unternehmen in Östereich?
Die knappe Antwort: Der Brexit bringt jedenfalls ein erhöhtes Maß an Unsicherheit. Tendenziell bewirkt der Brexit auch höhere steuerliche Kosten für Unternehmen, die in Großbritannien unmittelbar oder auch nur mittelbar tätig sind, sei es durch Exportgeschäft, Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen, oder über dortige Partner und Kooperationen.
Aus derzeitiger Sicht sind sehr viele der steuerlichen Folgen noch nicht genau abschätzbar, sondern werden sich erst im Laufe und nach Abschluss der Austrittsverhandlungen zeigen. So schlimm, wie manche das Szenario derzeit zeichnen, wird es aber steuerlich unseres Erachtens nicht werden, denn es besteht weiterhin Interesse an wirtschaftlicher Zusammenarbeit.
- Hier finden Sie ein Update zum Brexit: Februar 2019 von den TPA Steuerberatern Yasmin Wagner und Christian Oberkleiner
Mögliche Änderungen bei Unternehmensbesteuerung
Die Unternehmensbesteuerung ist innerhalb der EU (Europäischen Union) zwar derzeit nicht harmonisiert, allerdings dürfen die EU-Mitgliedstaaten ihre Besteuerungsrechte grundsätzlich nur unter Berücksichtigung der Grundfreiheiten ausüben. Dabei ist insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu beachten.
Aktuell ergeben sich auch Umsetzungsverpflichtungen für die EU-Mitgliedstaaten aus der Umsetzung der EU Anti-Steuermissbrauchs-Richtlinie, wie insbesondere
- die Hinzurechnungsbesteuerung bei niedrig besteuerten Tochtergesellschaften,
- die Zinsschranke, und
- Maßnahmen gegen hybride Gestaltungen.
Großbritannien erhält mit Austritt aus der EU – also frühestens in rund zwei Jahren – diesbezüglich die „steuerliche“ Autonomie zurück und könnte damit wieder steuerliche Standortpolitik ohne Bezugnahme auf die EU-Vorgaben, inklusive des EU-Beihilfenrechts, betreiben (außer die künftigen Vereinbarungen mit der EU sehen anderes vor, was teilweise zu erwarten ist).
Mögliche Beschleunigung des Common Consolidated Corporate Tax Base Vorhabens – CCCTB
Seit mittlerweile vielen Jahren besteht das Vorhaben innerhalb der EU, die Bemessungsgrundlage für die Unternehmensbesteuerung zu vereinheitlichen. Neuen Rückenwind erfährt das Vorhaben derzeit insbesondere durch die Anti-BEPS Bestrebungen der EU Kommission.
In den Vorjahren war Großbritannien einer der Hauptgegner des Vorhabens CCCTB, sodass dieses nunmehr realistischer und unter Umständen auch schneller umsetzbar erscheint.
Anwendung von EU-Richtlinien
Derzeit begünstigen im Verhältnis zu Großbritannien EU-Richtlinien, wie insbesondere
- die Mutter-Tochter-Richtlinie,
- die Fusionsbesteuerungs-Richtlinie, und
- die Zinsen- und Lizenz-Richtlinie
die konzerninternen Beziehungen. Wie lange dies noch der Fall sein wird, ist noch nicht abzuschätzen, dies hängt auch vom Ergebnis der Austrittsverhandlungen ab.
Einschränkungen von Begünstigungen aus österreichischer Sicht
Einige Begünstigungen im österreichischen Steuerrecht, insbesondere
- ein Aufschub der Besteuerung bzw eine Ratenzahlung bei sog. „Wegzug“,
- die Gruppenträgerfunktion im Rahmen der Gruppenbesteuerung,
werden unter Anwendung der Grundfreiheiten nur im Verhältnis zu EU- und EWR-Staaten gewährt. Für deren Weitergeltung wird relevant sein, ob Großbritannien nach Austritt aus der EU Mitglied des EWR sein wird.
Umsatzsteuer und Zölle
Mit dem Austritt aus der EU ist Großbritannien umsatzsteuerlich und zollrechtlich nicht mehr Teil des europäischen Binnenmarktsystems. Lieferungen sowie unternehmensinterne Warenbewegungen nach Großbritannien sind nicht mehr innergemeinschaftliche Lieferungen, sondern Ausfuhrlieferungen.
Sie müssen dann – ebenso wie Importe in die EU – zollrechtlich angemeldet werden. In diesem Zusammenhang wird entscheidend sein, ob es zum Abschluss von Freihandelsabkommen mit Großbritannien kommt, auf deren Grundlage allfällige Zölle vermieden werden.
Zusätzlicher Aufwand für grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatz
Jedenfalls wird die grenzüberschreitende Mitarbeiterentsendung nach Großbritannien und von Großbritannien in die EU erschwert, da die Arbeitnehmerfreizügigkeit voraussichtlich nicht mehr anwendbar sein wird. Der diesbezügliche Administrationsaufwand wird daher erhöht werden.
Empfehlung für österreichische Unternehmen
Österreichische Unternehmen mit Geschäftstätigkeit in Großbritannien sollten jedenfalls bereits jetzt die steuerlichen Auswirkungen des Brexit auf ihr Geschäftsmodell genau prüfen und die weiteren Entwicklungen im Auge behalten, um frühzeitig notwendige Anpassungen in Verhandlungen mit Kunden sowie allenfalls auch im Hinblick auf die Struktur in Großbritannien zu berücksichtigen.
Der Artikel wurde von Steuerberaterin Iris Burgstaller verfasst, sollten Sie Fragen im Umgang zum Brexit haben, wenden Sie sich bitte an unsere Expertin.
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