COVID-19: Arbeitsrecht in Österreich
- Was gibt es in der Corona-Krise bei der Kinderbetreuung für Arbeitnehmer zu beachten?
- Gibt es einen Corona-Zuschuss zur Kinderbetreuung?
- Home Office in der Corona-Zeit: Gibt es einen Home-Office Kostenersatz?
- Welche Schutzmaßnahmen muss der Arbeitgeber treffen?
Lohnverrechnungs- und Arbeitsrechts-Experte Wolfgang Höfle beantwortet alle relevanten arbeitsrechtlichen Fragen, die es aktuell im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gibt. Klicken Sie auf die entsprechende Überschrift, um direkt zu dem Abschnitt zu gelangen. Am Ende der Seite finden Sie diese Information auch als PDF zum Ausdrucken.
Update Corona-Virus: Arbeitsrecht:
1. Mitarbeiter mit Kinderbetreuungspflichten
2. Gestaltungsmöglichkeiten für die Arbeitsverhältnisse
3. Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen des Arbeitgebers
4. Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Dienst
5. Home Office
6. Reisen in betroffene Gebiete
7. Quarantäne
1. COVID-19: Mitarbeiter mit Kinderbetreuungspflichten |
Können Mitarbeiter mit betreuungspflichtigen Kindern zu Hause bleiben, wenn der Kindergarten oder die Schule geschlossen wird?
Die Bundesregierung hat keine Schließung dieser Einrichtungen, sondern nur einen eingeschränkten Betrieb festgelegt. Eine zwingende Betreuungspflicht im Sinne des Arbeitsrechtes liegt daher nicht vor, somit auch keine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Die Bundesregierung hat am 12.3.2020 angekündigt, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter auf freiwilliger Basis freistellen können und im Falle 100%iger Entgeltfortzahlung 1/3 davon vom Staat ersetzt bekommen.
Details zu dieser Regelung sind allerdings noch nicht bekannt – z.B. auch nicht, ob diese Förderung auch dann gebührt, wenn die Mitarbeiter während der Freistellung Teilarbeitsleistungen erbringen (können).
Bis auf weiteres ist daher empfehlenswert, dass die Arbeitsvertragsparteien über andere Lösungen in der Corona-Krise nachdenken:
- Welche Betreuungsmöglichkeiten gibt es für die Kinder? Soll dies ein Elternteil erbringen und wenn ja, welcher?
- Urlaub vereinbaren, Zeitausgleich vereinbaren, Gutstunden abbauen
- Vorübergehende Lockerung der Kernzeiten bei Gleitzeitmodellen
- Home-Office und Kinderbetreuung (siehe unten)
2. Gestaltungsmöglichkeiten für die Arbeitsverhältnisse |
Was kann ich tun, wenn Mitarbeiter nicht oder nur mehr eingeschränkt eingesetzt werden können?
- Vermeiden von Überstunden/Mehrarbeit
- Abbau von Zeitguthaben
- „Lockerung“ von Gleitzeitmodellen
- Vereinbarung von Urlaub
- Vereinbarung der (befristeten) Reduktion der Arbeitszeit („normale“ Teilzeit)
- Bildungsteilzeit: Teilzeit und gleichzeitig Weiterbildungsgeld vom AMS
- Vereinbarung von unbezahltem Urlaub/Karenz, Bildungskarenz
- Vereinbarung von Kurzarbeit
- Maßnahmen zur Verringerung des Personalstands
Wie funktioniert Kurzarbeit?
Kurzarbeit ist die vorübergehende Herabsetzung der Normalarbeitszeit und in der Folge des Arbeitsentgelts wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten.
Für eine geförderte Kurzarbeit ist u.a. eine vorherige Beratung zwischen dem AMS und dem Arbeitgeber unter Beiziehung des Betriebsrates und der in Frage kommenden kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer und Arbeitgeber erforderlich. Im Zuge dieser Beratungen ist festzustellen, dass keine anderen Möglichkeiten gefunden wurden, die Beschäftigungsschwierigkeiten zu lösen (z.B. durch den Abbau von Zeitguthaben oder Alturlauben).
Zu beachten ist weiters, dass, wenn das AMS die Kurzarbeit fördert, der Arbeitgeber während der Kurzarbeit kein Arbeitsverhältnis kündigen darf, es sei denn, dass das zuständige AMS in besonderen Fällen eine Ausnahme bewilligt.
- Mehr zur Covid-19: AMS-Richtlinie zur Corona-Kurzarbeit
- Corona-Kurzarbeit: Unser Berechnungstool bietet rasche Entscheidungshilfe
- Alles zur Corona-Kurzarbeit Phase 3
3. Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen des Arbeitgebers |
Welche Maßnahmen hat ein Arbeitgeber in seinem Unternehmen zu treffen, wenn bei einem seiner Mitarbeiter der Verdacht besteht, mit dem Corona-Virus infiziert zu sein?
Wenn es einen Verdachtsfall im Unternehmen gibt, hat der Arbeitgeber grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht, die Behörden zu verständigen. Der Arbeitgeber sollte aber bei der Gesundheitsberatung 1450 anrufen, um die weitere Vorgangsweise zu beraten.
Welche Schutzmaßnahmen können ergriffen werden?
Insbesondere in Betrieben mit regem Kundenkontakt bzw. bei Kundenkontakt mit gefährdeten Personen ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht angehalten, geeignete Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, um seine Arbeitnehmer vor Infektionen zu schützen. Dies wäre etwa die Anweisung zu:
- Täglich mehrmals Händewaschen mit Wasser und Seife oder einem alkoholhaltigen Desinfektionsmittel;
- Bedecken von Mund und Nase mit einem Papiertaschentuch (nicht mit den Händen), bei Husten oder Niesen;
- Vermeidung von Kontakt zu kranken Menschen.
4. Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Dienst |
Darf der Arbeitnehmer von der Arbeit fernbleiben, wenn er sich vor einer Ansteckung fürchtet?
Nein. Ein grundloses einseitiges Fernbleiben von der Arbeit stellt eine Verletzung der Dienstpflichten dar und stellt in der Regel einen Entlassungsgrund dar. Eine Verweigerung der Arbeitsleistung könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn eine objektiv nachvollziehbare Gefahr bestünde, sich bei der Arbeit mit dem Virus anzustecken. Dies könnte dann gegeben sein, wenn es im unmittelbaren Arbeitsumfeld bereits zu einer Ansteckung mit dem Virus gekommen wäre. Das gilt aber nicht für jene Arbeitnehmer, die berufsmäßig mit Krankheiten regelmäßig zu tun haben, wie etwa in Spitälern oder Apotheken.
Mitarbeiter weigern sich Gäste im Restaurant, im Geschäft oder im Rahmen einer anderen Dienstleistung zu bedienen. Ist diese Weigerung gerechtfertigt?
Die Gefahr, sich mit dem Corona-Virus als Mitarbeiter bei Gästen zu infizieren ist vergleichbar mit dem Risiko, welches bei anderen Krankheiten besteht. Eine Weigerung von Mitarbeitern, Gäste zu bedienen, ist in der Regel nicht gerechtfertigt.
5. Home Office & Corona |
Covid-19: Darf der Arbeitgeber einseitig Home Office anordnen?
Eine Anordnung durch den Arbeitgeber ist jedenfalls dann möglich, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag bereits enthalten ist oder sich darin eine entsprechende Versetzungsklausel findet.
Eine Ermächtigung des Arbeitgebers, generell einseitig Homeoffice anzuordnen, kann nach Ansicht mancher Experten auch aus dem ABGB abgeleitet werden (Treuepflicht des Arbeitnehmers, sog. Umstandsklausel). Im Einzelfall kann aber aufgrund konkreter persönlicher Umstände die Homeoffice-Tätigkeit unzumutbar sein.
Kann der Arbeitnehmer einseitig Homeoffice machen?
Nein. Ein grundloses einseitiges Fernbleiben von der Arbeit stellt eine Verletzung der Dienstpflichten dar mit allen arbeitsrechtlichen Konsequenzen (bis hin zur Entlassung).
6. Corona: Reisen in betroffene Gebiete |
Kann der Arbeitnehmer eine Dienstreise in der Corona-Krise in ein betroffenes Gebiet verweigern?
Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich, ob der Arbeitnehmer zu Dienstreisen verpflichtet ist und wenn ja, in welche Gebiete. Reisewarnungen des Außenministeriums sind vom Arbeitgeber aber jedenfalls zu beachten.
Darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer verbieten, eine private Reise (zB Urlaubsreise) in ein betroffenes Gebiet anzutreten?
Nein. Der Arbeitgeber kann dies dem Arbeitnehmer nicht verbieten. Erkrankt der Arbeitnehmer aber dann am Corona-Virus, hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, weil er die Erkrankung/Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig herbeigeführt hat indem er sich in eine besonders gefährliche Situation gebracht hat.
Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Infektion mit dem Corona-Virus bekannt zu geben?
Ja. Der Arbeitnehmer muss seine Corona-Infektion dem Arbeitgeber jedenfalls sofort mitteilen. Ebenso muss er bekanntgeben, ob er unter Quarantäne gestellt wurde.
7. Quarantäne: Coronavirus |
Ein Arbeitnehmer wird unter Quarantäne gestellt. Muss ich weiter Entgelt bezahlen?
Ja. Die Entgeltfortzahlung hat trotz Quarantäne und Ausfall der Arbeitsleistung zu erfolgen. Der Arbeitgeber kann aber Kostenersatz beim Bund beantragen (Bruttogehalt plus Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung). Das ist auch der Fall, wenn ganze Betriebe unter Quarantäne gestellt werden sollten.
Für die Geltendmachung des Anspruches ist ein Antrag bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu stellen. Die Frist dafür beträgt sechs Wochen. Die Frist läuft vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen an, in deren Bereich die Maßnahmen getroffen wurden.
Besteht die Pflichtversicherung während der Quarantäne weiter?
Ja. Bei betroffenen Arbeitnehmern besteht die Pflichtversicherung für die Zeit der Absonderung nach dem Epidemiegesetz weiter.
Wenn Sie noch weitere arbeitsrechtliche Fragen in Zusammenhang mit dem Corona-Virus haben, kontaktieren Sie unseren Experten Wolfgang Höfle.
Bleiben Sie gesund!
Bei wirtschaftlichen Fragen rund um das Corona-Virus kontaktieren Sie bitte: