Was Sie bei der Vermietung von Geschäftsräumen wissen sollten!
Die Wohnungsmiete ist in Österreich immer umsatzsteuerpflichtig und unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 10 %. Demgegenüber ist die Vermietung von Geschäftsräumen in Österreich grundsätzlich steuerfrei. Diese Befreiung von der Umsatzsteuer (USt) ist aber eine sogenannte „unechte“, weil damit untrennbar verbunden ist, dass der Vermieter für seine eigenen Vorleistungen keinen Vorsteuerabzug hat.
Achtung! Das bedeutet speziell bei neu errichteten oder umfangreich sanierten Gebäuden eine Verteuerung des Projektes um volle 20 %. Um 20 % höhere Kosten bedeuten aber naturgemäß auch eine entsprechend höhere Miete.
Da es sich bei der Umsatzsteuer aber grundsätzlich um eine Konsumsteuer handeln soll, sollte sie in der Unternehmerkette nicht zum Kostenfaktor werden. Das gilt zumindest für jene Unternehmer, die selbst auch wieder umsatzsteuerpflichtige Leistungen ausführen.
Aus diesem Grund hat der Vermieter ein Optionsrecht
Optionsrecht für Vermieter von Geschäftsräumen
Der Vermieter kann auf die Steuerbefreiung verzichten und die Vermietung der Geschäftsräumen dem umsatzsteuerlichen Normalsteuersatz von 20 % unterwerfen. Damit sichert er sich für seine Vorleistungen das Recht auf den Vorsteuerabzug und die Errichtung des Gebäudes wird entsprechend billiger. |
Voraussetzungen für die Steuerbefreiung
Seit dem 1. StabG 2012 (BGBl. I 2012/22) ist der Verzicht auf die (unechte) Steuerbefreiung aber nur noch insoweit möglich, als der Mieter (!) das Mietobjekt nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen:
- Der Gesetzestext legt eine einfache Auslegung und Aliquotierung nahe: Wenn der Mieter zu 90 % steuerpflichtige Umsätze hat, dann darf auch der Vermieter 90 % der Miete steuerpflichtig behandeln; er kann sich daher auch die Vorsteuer zu 90 % abziehen.
- Die Finanzverwaltung vertritt allerdings in den Umsatzsteuer-Richtlinien (kurz: UStR, einem Erlass des BMF) eine viel strengere Auffassung. Sie ist der Auffassung, dass die kleinste „Optionseinheit“ ein Gebäudeteil ist, an dem Wohnungseigentum begründet werden könnte, und dass diese Optionseinheit nahezu ausschließlich (= zu mindestens 95 %) für Umsätze verwendet werden muss, die nicht vom Vorsteuerabzug ausschließen.
Gerade im typischen KMU-Land Österreich hat die Interpretation der Finanz natürlich dramatische finanzielle Konsequenzen für jene Unternehmer, die ihr gesamtes Unternehmen in einem einzigen „Wohnungseigentumsobjekt“ ausüben.
Wenn ein mietender Unternehmer 90 % steuerpflichtige und 10 % unecht befreite Umsätze hat, dann dürfte der Vermieter nach Ansicht der Finanz nicht zur 20%igen USt-Pflicht optieren und die Vorsteuer würde beim Vermieter zu 100 % – und nicht nur zu 10 % – zum Kostenfaktor.
Die Tatsache, dass eine derartige Interpretation durch die Finanz massiv wettbewerbsverzerrend und wirtschaftlich besonders problematisch ist, liegt ganz klar auf der Hand.
So hat dies auch der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung V R 27/13 vom 24.4.2014 gesehen: Die deutschen Vorinstanzen haben – ähnlich wie die österreichischen USt-Richtlinien – die Auffassung vertreten, dass ein „selbständiger Funktionsbereich“ die kleinste Optionseinheit sei (Niedersächsisches Finanzgericht vom 11.4.2013, 5 K 393/11). Der BFH ist zu dem Urteil gelangt, dass auch für den einzelnen Raum, selbst wenn es sich nicht um einen selbständigen Funktionsbereich handelt, gesondert optiert werden kann.
Da Österreich die Neuregelung im 1. StabG 2012 fast wortwörtlich aus dem deutschen UStG übernommen hat, ist nicht nur zu hoffen, sondern geradezu naheliegend, dass die österreichische Finanzverwaltung das BFH-Urteil zum Anlass nimmt, die eigenen Richtlinien in diesem Punkt zu adaptieren.
Probleme in der Praxis – Mieter mit Vorsteuerabzug
Gerade jene Mieter, die ihr Mietobjekt in hohem Ausmaß, aber doch nicht nahezu ausschließlich für Umsätze verwenden, die nicht vom Vorsteuerabzug ausschließen, bereiten in der Praxis die mit Abstand größten Probleme (für alle Beteiligten). Bei Mietern, die überhaupt keinen Vorsteuerabzug haben, ist es nämlich weitgehend irrelevant, ob sie 100 Miete plus 20 USt oder gleich 120 Miete netto ohne USt zahlen. In beiden Fällen haben sie Kosten in Höhe von 120.
Aber bei einem Mieter mit 90 % Vorsteuerabzug macht es einen Unterschied, ob er Kosten in Höhe von 102 (100 plus 10 % von 20) oder in Höhe von 120 (100 plus 100% von 20) verkraften muss.
Der BFH hatte einen sehr speziellen Sachverhalt zu entscheiden, in dem sich der „Streit um einen einzigen Raum zuspitzte“. Letztendlich darf aber uE auch der einzelne Raum nicht das Maß der Dinge sein.
Es ist nämlich durchaus möglich und in der Praxis häufig, dass die „optionsschädlichen“ Tätigkeiten nicht ausschließlich in einem einzigen Raum konzentriert ausgeübt werden, sondern dass aus umsatzsteuerlicher Sicht mehrere Räume gemischt genutzt werden (oder sollen die Mitarbeiter entsprechend ihrer umsatzsteuerlichen „Qualifikation“ im Unternehmen sitzen müssen?). Viele Mitarbeiter von geschäftsraummietenden Unternehmen, die in verschiedenen Räumen tätig sind, werden ja gar nicht wissen, wann sie „optionsschädliche Umsätze“ tätigen und wann nicht.
Sachgerecht ist uE wohl eine einfache und raumunabhängige Aliquotierung nach %-Sätzen, wie oben dargestellt. In diese Richtung wird die Judikatur in Österreich hoffentlich bald gehen; wenn nicht vorher das BMF selbst seine Meinung ändert.
Am Gesetzestext selbst liegt eine vernünftige Interpretation – diesmal – wirklich nicht: Er lässt eine sachgerechte, wirtschaftlich berechtigte und EU-konforme Auslegung nicht nur zu, sondern er legt sie sogar uE sehr nahe.
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